Reisevorbereitungen

Rainu war ja bereits im Frühjahr 2016 in Rumänien und ist sogar heile und nicht als Untoter wieder zurückgekommen. Ich war damals nicht mitgefahren, weil ich im Frühjahr 2016 in den USA war und eigentlich mit Südosteuropa so gar nichts am Hut haben wollte. Und Rumänien??? Was wusste ich darüber? Peter Maffay kommt von dort und die rothaarige Sängerin von den No Angels, falls die noch jemand kennt? Ach nein…die kommt aus Bulgarien und das ist auch so ein finsteres Land. Aber Dracula und der „amerikanische“ Schauspieler, aus den 40er-Jahren:  „Edward G. Robinson“, kommen von dort. Aber auch die Rumänenbanden, vor denen hier immer gewarnt wird und Zigeuner und Menschenhändler. Ich war zwar 3 mal im benachbarten Bulgarien, an der Silberküste und habe mir dort die Zähne exzellent in Ordnung bringen lassen, aber auch dort wurde ich gewarnt, niemals in das benachbarte Rumänien zu fahren. Die dortigen Diebesbanden würden auf langsam fahrende Züge aufspringen und die Fahrgäste bestehlen. Kurzum…..eine Gegend, in der ich eigentlich nicht sein wollte.

Rainus Reiseblog, den ich aufmerksam verfolgte, las sich allerdings so ganz anders und stellte Rumänien besser dar, als ich es für mich klischeehaft abgespeichert hatte. Und nun wollte der Kerl dort noch einmal hin???!!!

Nun ja. Rainu kannte ich ja. Wir haben sogar schon mal eine schöne italienische Nacht miteinander verbracht. Aber nur, weil das Bikerhotel überbucht war *lach* und wir uns ein Zimmer teilen mussten.

Und außerdem waren alle Versuche für eine Alpentour in diesem Jahr  2016 mit üblem Wetter verbunden. Wenn es wettermäßig in Deutschland ok war, dann war es in den Alpen schlecht und umgekehrt. Meine Motivation, vielleicht doch nach Rumänien zu fahren, besprach ich eines Abends mit Jack Daniels und der meinte, wenn nicht jetzt, wann dann? Und so sagte ich zu.

Die Reisevorbereitungen

Haben die dort Euro? Gibt es dort Geldautomaten? Welche Papiere benötige ich? Soll ich eine grüne Versicherungskarte und einen internationalen Unfallschadensbericht mitnehmen? Welche diebstahlsicheren Gepäckstücke nehme ich mit?  Kette ich mich Nachts an mein Bike? Wie geht das mit dem Smartphone dort und wie montiere ich das Ding ans Bike? Welche Dinge muss ein Biker in den südosteuropäischen Staaten mitführen und…..habe ich noch genug Profil auf den Schlappen?

Laut ADAC, ÖAMTC usw. sind in diesen Ländern zwingend mitzuführen:

  • Ein Satz Reservelampen (ich habe einfach ein paar Birnchen eingepackt, die aussehen, als würden sie passen, um die Polizisten zu befriedigen)
  • Ein Warndreieck (ist übrigens ziemlich schwer)
  • Eine Warnweste (Gelächter. Die gabs für 30€ von Held und für 2,50 € von xy)
  • Ein Verbandskasten (Ooops, meiner ist abgelaufen gewesen)
  • Ein Reisepass (der Personalausweis reicht nicht!)
  • und wichtiger als alles andere: der Fahrzeugschein! Dieser wird intensiv an den Grenzen geprüft.

Trotz Minimalgepäck (damit man es gegen Diebstahl auch beim Stadtbummel mit sich herumschleppen kann) nahm ich noch einen 1 Liter Reservekanister (dessen Grenzüberführung aufgrund der Zollbestimmungen fast immer verboten ist), ein Reifenreparaturset, einen Leatherman, eine kleine Gripzange, Imbusschlüssel, Panzerband, Kabelbinder und eine kleine Wasserpumpenzange mit. Nicht zu vergessen: ein Bremsscheibenschloss mit lauter Sirene und frischer Batterie.

Ich konnte das Reifenpannenset, den Reservekanister (der oder besser gesagt, dessen Inhalt, darf nicht über die Grenzen mitgenommen werden, aber das las ich erst als ich wieder hier war), das Warndreieck (obere rote Schachtel) und den Verbandskasten (direkt unter dem Warndreieck) sehr platzsparend zwischen dem Nummernschild und unter dem Gepäckträger unterbringen. Man kommt zwar im Notfall schnell dran, aber für das Unterbauen braucht man mehrere Hände, aber es ist ja auch nur für den Notfall:

Was zieht man an?

Aus Rainus Blog aus dem Frühjahr wusste ich, dass es dort ziemlich warm werden kann. Es war zwar schon Anfang September, aber unser Gebiet in Rumänien liegt auf dem Breitengrad von Venedig und da ist es ja bekanntlich auch im September noch ordentlich warm.

Also die stylische Wildleder Zimmermannshose mit Schlag? Die ist stabil, aber nicht lange wasserdicht. Der weite Schlag schlägt um die Knöchel und mit einer Regenhose darüber ist es schon ein wüstes Gestopfe an den Waden….und welche Schuhe dann dazu? Hohe Stiefel? Motorrad-Boots? Basketballboots?

Oder eine Jeans, über die ich dann eine Regenpelle ziehen kann? Könnte das auch mal zu kalt werden?

Oder die Motorradtextilhose? Mit oder ohne Futter? Oder ohne Futter und dann über die Jeans ziehen?

Und womit will man durch die Fußgängerzonen der Städte laufen? (zu warm, zu kalt, zu unförmig, zu schmutzig)

Bei der Jacke gibts keine Probleme: Sie besteht aus einer Leder-Textil-Netz-Kombination, in die 2 Innenfutter eingezogen werden können. Eins gegen Wind und Nässe und eins gegen Kälte.

Ich entschied mich für eine derbe Worker-Jeans von Dickies, dünne Regenüberhose und dünne Regenüberjacke und Gummiüberhandschuhe und Gummiüberschuhe für den Notfall. Einige Shirts und eine separate Jeans für Abends, denn tote Insekten auf der Hose sind nun mal nicht so toll.

Die Kleidungswahl sollte tatsächlich wichtig werden. Wenn es morgens 10 Grad sind und Nachmittags 30 Grad, dann muss man sich unterwegs irgendwie entblättern, wenn man nicht gedünstet werden will. Natürlich hatte ich auch eine halblange Hose mit, wenn es gaaaanz heiß sein sollte. Ich hatte da so meine Erfahrungen bei über 30 Grad stundenlangem Stop and Go-Betrieb und die Maschine heizt auch noch ordentlich von unten nach. Deshalb ist die Hose auch halblang *lach*: Denn die linke Seite des hinteren Zylinders der XV 1900 hinterlässt schmerzhafte Brandings auf der Innenseite des linken Oberschenkels, wenn man sich zum Beispiel nach rechts hinten umschaut. Das ist beim ersten Kontakt schon heftig und tur ordentlich weh und spätestens beim dritten Mal und derselben Stelle kommen einem ziemlich laute Flüche über die eigene Blödheit über die Lippen.

Und manchmal wunderte ich mich, dass ich irgendwelche braunen Flecke auf meiner Vorderseite hatte. Das passiert, wenn jemand vor mir herfährt und nicht wie hier auf der linken Seite sondern mitten durch fährt.


Und manchmal wunderte ich mich, dass ich irgendwelche braunen Flecke auf meiner Vorderseite hatte. Das passiert, wenn jemand vor mir herfährt und nicht wie hier auf der linken Seite sondern mitten durch fährt.


Und so sehen die „Feinstaub-Abgasreste“ ohne Reifenspuren aus. Zum darauf Ausrutschen reichen sie sicher. Das wäre dann wohl ein Bio-Unfall. Irgendwie sind die Kuhhaufen bei uns hier flacher und „fladiger“.

Mit der GoPro auf dem Kopf sieht mein Schatten aus wie ein Insekt:

Zusammenfassend muss ich feststellen, dass die Stromversorgung von GoPro, Smartphone, Fotoapparat und Helmfunk einer Routine bedarf, weil man sonst schnell mal irgend etwas davon nicht mehr gebrauchen konnte. Außerdem habe ich sehr viel Speicherplatz gebraucht. Ich hatte zwar jede Menge USB-Sticks mit, aber ohne einen Computer zum Übertragen der Daten von den SD-Cards ist das eher überflüssig. Aber trotz PC wären die Datenmengen so groß, dass viele Stunden Übertragungszeit erforderlich wären. Ich habe die Aufnahmen auf mehrere SD-Cards verteilt, da man durchaus defekte Karten haben könnte, was uns auch passiert ist. Ich hatte 6 x 128 GB ultraschnelle SD-Cards dabei und es war zuwenig!

Meine GoPro machte alle 2 Sekunden eine Aufnahme. Rainu sagte, dass das Ereignis dummerweise immer in der Sekunde dazwischen entsteht. Ich habe es erst nicht geglaubt, aber im Nachhinein gebe ich ihm Recht.

Die Bilderflut ist gewaltig und ich kann niemandem zumuten, sich die alle anzuschauen. Wenn ich durch die 2-Sekunden-Bilder scrolle, dann ist es wie eine Zeitrafferaufnahme der Fahrt und ich erinnere mich an die Moment, Gerüche und Eindrücke. Die Bilderflut ist also mehr etwas für mich selbst, als für die Leser.

Die Gopro macht tolle Bilder und in die 12 Megapixel kann ich auch nachträglich hineinzoomen, um Details zu finden. Mein Smartphone hat zwar auch einen tollen Fotochip, aber das Fotografieren mit Handschuhen (sofern ich welche gehabt hätte) oder bei starker Sonneneinstrahlung ist auch nicht so toll. Meine Sony, die ich immer schussbereit um den Hals trug war sehr hilfreich. Rainu hatte einen wesentlich zoomstärkeres Objektiv und so konnte er sehr tolle Aufnahmen machen:


Dieses Bild habe ich mit der Gopro gemacht und der Pfeil markiert etwas, was Rainu mit seinem Tele zoomt.


Und das sah Rainu durch das Objektiv.

Die Kommunikation

Ich, als Scheibenverweigerer und Aufrecht-im-Wind-Sitzer, bin lautes Windgetöse gewöhnt und stopfe mir für längere Fahrten, auf denen es mal schnell zugeht, gerne mal Ohrenstöpsel als Schutz in die Lauscher. Natürlich ist dann auch die Sprachverständigung von Biker zu Biker ziemlich schwierig, andererseits höre ich meinen johlenden Gesang bei hohem Tempo noch recht gut. An Radio, Verkehrsfunk oder Navigationsansagen hatte ich allerdings noch nie Gefallen gefunden, deshalb hatte ich noch nie Lautsprecher an oder in den Ohren.

Rainu brachte dann ein System ins Gespräch, mit dem man von Bike zu Bike sprechen kann….natürlich ohne Kabel. Nach einigem Abwägen wurde es dann das Scala rider PACKTALK von Cardo. Rainu besorgte es und ich würde es dann nach meiner Ankunft in Wien in meinen Helm einbauen. Die Montage nahmen wir dann in einem Cafe an den Donauauen vor.

Mein Nolan hatte die Aussparungen für die mitgelieferten Helmlautsprecher und das Montageset von Cardo hatte wirklich viel Zubehör. Der Klemmmechanismus funktionierte nicht, da mein Helm eine Abkantung hatte, die mit der Klemmspange kollidierte. Ich wollte erst die Kante wegschneiden, aber damit hätte ich dem Seitenteil des Helmes die Stabilität genommen. Als ich dann die Grundplatte außen auf den Helm geklebt hatte, musste ich feststellen, dass Nolan zwischen Links- und Rechtsträgern unterscheidet *lach*. Und zwar geht es um die Aussparung für das Schwanenhalsmikrofon. Diese vorgestanzte Plastikdurchführung gibt es leider nur rechts am Helm. Das ist recht ärgerlich, vor allem, wenn ich kurz vorher, das Steuergerät links angeklebt habe! Mit dem Leatherman und einer  Nagelfeile ging es aber dann doch und ich konnte das Mikro montieren.

Rainu beschäftigte sich derweil mit dem Pairing und den Bedienelementen. Und irgendwann lief es. Wir konnten den ganzen Tag einfach so drauflosreden, denn der Sprachkanal war jederzeit offen. Aber wir Biker mussten dann auch die Etikette wahren, weil der Buddy ja alles mithört. Impulsiv ausgestoßene Flüche haben wir natürlich auch hin und wieder von uns gegeben, aber die betrafen nur irgendwelche Idioten auf den Straßen, die uns übersehen hatten. Ach ja……das Niesen in ein offenes Mikrofon verursacht eine schmerzhafte Hör-Erfahrung beim Anderen. Und auch das Summen oder Singen von Liedern ist dann nicht mehr allein das Vergnügen des Singenden.

Da sich dieses Cardo-Ding auch mit meinem und Rainus Smartphone und meinem Navi irgendwie zusammengetan hat, kam es zu lustigen technischen Zwischenfällen. Da geht auf einmal Musik in meinem Helm los. Na ja dachte ich, warum auch nicht. Das Lied war ein mp3 aus meinem Smartphone. Und als das Lied vorbei war, dann wurden mir nacheinander Klingeltöne, Systemwarungstöne usw. vordedudelt. Es war wohl eine Gesamtplaylist, die irgendein Gerät generiert hatte. Irgendwann habe ich wohl dann durch eine unglückliche Wortwahl dazu beigetragen, dass ich plötzlich einen Freund aus Hannover aus meinen Helmlautsprechern per Telefon hörte. Die Spracherkennung von Google machts möglich. Ebenso ist da ein Radio im Cardo und das Navi gibt auch gerne seinen Senf dazu. Aber auch das hatte ich irgendwann einigermaßen im Griff.

Weil ich Anfangs lautstärkemäßig mit den Helmlautsprechern nicht klarkam, habe ich auf In-Ear-Kopfhöhrer umgestellt. Die Verständigung war somit erheblich besser, wenn auch das Gefühl der Isolation zur Umgebung unangenehm zunimmt. Was ich unterschätzt habe, waren die üblen Schmerzen, die durch das Druckgefühl  der Kabel oder der Ohrhörergehäuse auf die Dauer entstehen. Ich habe dann die Einbaulautsprecher aus dem Helm entfernt und hatte somit mehr Platz für die Ohrhörer. Gegen das Isolationsgefühl zu den Außengeräuschen half es dann, nur noch in einem Ohr die Sprechanlage zu haben.

Zusammengefasst muss ich feststellen, dass diese Sprechanlage sehr positiv zum Urlaub beigetragen hat. Es macht viel mehr Spaß, gemeinsam über die Gegend, die Leute oder sonst irgendetwas zu reden, als stumm hintereinander herzufahren. Wir haben sie über Nacht mit einem Mini-USB aufgeladen und die Akkuladung hielt einen ganzen Fahrtag trotz vielem Reden. Ich möchte sie in so einem Urlaub nicht mehr missen und kann sie uneingeschränkt empfehlen.

Die Navigation

Ich hatte natürlich Google-Maps…..aber offline ist das nicht so toll. Ich hatte mein TomTom Rider 400 mit aktuellen Karten, aber auch das Ding zeigte uns manches Mal an, dass da gar keine Straße wäre, wo wir gerade fuhren. Und dann hatte ich noch zwei Offline-Navigationen auf dem Handy. Auch dabei fehlten viele Details und Straßen. Rainu hatte schließlich eine altodische Papierkarte dabei….super. Die sollte gehen. Aner ein Blick auf ein typisches Ortsschild sorgt dann schnell für Verwirrung, mehrere sehr lange und unaussprechliche Namen:

In der einen Karte standen die eingedeutschten Namen, in der anderen die rumänische Schreibweise und eine andere zeigt es in Ungarisch und das sorgt für Probleme und die Position musste mit allen Karten teilweise abgeglichen werden, um zu wissen, wo man ist oder wo es dort hin geht.

Die Finanzen

Wer den Bani nicht ehrt, ist den Leu nicht wert. Aber Hartgeld ist dort eher die Ausnahme. Der kleinste Schein ist 1 Leu. Das sind 22 Eurocent und das bedeutet, dass 1 Bani = 0,22 Eurocent sind. Also wird überall aufgerundet und die Taschen sind voller dicker Papiergeldbündel. Die Lebenhaltung ist für uns sehr günstig. Essen zu gehen kostet ca. ein Viertel von deutschen Restaurantpreisen. Im Verhältnis zur Schweiz ist der Unterschied noch sehr viel größer.

Der Sprittpreis ist etwas unterhalb des deutschen Niveaus.

Man kann in Rumänien nahezu überall mit Karte zahlen.

Hier mal ein Eindruck von Tankstellenpreisen (alles einfach durch 4 teilen, dann sind es Euro):

und hier mal eine „Riesenrechnung“ nach einem oppulenten Essen für 2 Personen!!!  Das sind 26 Euro für uns zwei!   :

Hier geht’s weiter zum ersten Tagesbericht:

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